Informationen, Konzepte und Materialien zum Interkulturellen Musikunterricht

Modell 12. Die multikulturelle Persönlichkeit als Ziel

Die multikulturelle Musikerziehung geht von zwei Prämissen aus:

  1. erstens, dass die deutsche Migrationsgesellschaft multikulturell ist , und
  2. zweitens sieht sie in einer "multikulturellen Persönlichkeit" eine Art Idealbild.
Zu 1: Heute ist empirisch abgesichert, dass die Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sehr unterschiedlichen "Migratenmilieus" angehören und der Migrationshintergrund, d.h. das Herkunftsland der Vorfahren, für die Zugehörigkeit zum Milieu nicht allein ausschlaggebend ist (siehe "Der Umgang mit dem Migrationshintergrund"), und dass die Milieu-Vielfalt auch kein besonderes Merkmal der Menschen mit Migrationshintergrund ist sondern alle Kinder und Jugendlichen betrifft. Das Konzept der multikulturellen Msuikerziehung geht nun einfach davon aus, dass die Menschen, die in der BRD leben, nicht nur mehr als einer Kultur angehören, sondern sich dessen auch bewusst werden sollen, Die Menschen bedienen sich "je nach Bedarf" bewusst und "aus freien Stücken" der Elemente unterschiedlicher Kulturen: ein Junge spielt begeistert Geige und spielt im Geigenunterricht Mozart, hört aber niemals Mozart am Radio, sondern die Top 40; ein Opa singt begeistert im Kirchenchor Bachchoräle, hört aber am Radio niemals Kirchenmusik, sondern die volkstümliche Hitparade; ein deutsch-türkisches Mädchen geht in eine stinknormale Disco, hört aber am liebsten Türkrap im Radio und tanzt begeistert bei Familienfesten zu traditioneller türkischer Musik....

Zu 2: Im Gegensatz zur "transkulturellen Persönlichkeit", die sich gleichsam zwischen mehreren Stühlen befindet ohne zu wissen, welche Stühle (Kulturen) das sind, hat die "multikulturelle Persönlichkeit" noch eine Vorstellung davon, dass und wie sie sich unterschiedlicher Kulturen bedient. Wenn Musik zur Identitätsbildung beitragen sollen (worüber allgemein Konsens besteht), dann müsste es in einermultikulturellen Gesellshaft so etwas wie eine "multikulturelle Identität" geben.

Von den Schüler/innen muss die Fähigkeit  erlernt werden, sich aktiv, bewusst, selbstbestimmt und sozial der Elemente mehrerer Kulturen "zu bedienen". Das setzt Informiertsein, Toleranz, Flexibilität und einen eigenen Standpunkt voraus. Ziel des MU's ist es, all' dies zu erzeugen: ich nannte das "multikulturelle Identität". Für diese Art MU gibt es keinen offiziellen Namen, am geeignetsten wäre, wie ich 2002 vorgeschlagen habe, hier tatsächlich "multikultureller Musikunterricht". Dieser Terminus ist im Englischen für das reserviert, was im Deutschen der Oberbegriff "interkulturelle Musikerziehung" besagt (siehe Multicultural Music Education!). Im Konzept der "eine welt musik lehre" ziehe ich daraus die Konsequenzen für die Musiklehrerausbildung.

In den Hintergrund des multikulturellen Musikunterrichts tritt hier die "interkulturelle Kommunikation", also die Kommunikation zwischen kulturell abgesonderten und absonderbaren Gruppen, bei der alle Beteiligten - um im Bild zu bleiben - auf ihren Stühlen sitzen bleiben.

Hier sind Fragen formuliert, unter anderem: