Modell 3. Lieder und Tänze aus aller Welt
Im Zentrum der interkulturellen Musikerziehung steht seit jeher der Unterrichtsinhalt Lieder und Tänze aus aller Welt". Dieser Inhalt hat zwei didaktische Dimensionen:
- Zum einen kann er eingesetzt werden, um die Kinder mit Migrations- oder Fluchtgeschichte in einer Klasse zu integrieren bzw. die interkulturelle "Kommunikation" in einer kulturell inhomogenen Klasse zu fördern - wie es das Wort "interkulturelle Musikerziehung" ursprünglich beinhaltet hat (Merkt 1983).
- Zum andern kann er eingesetzt werden, um - ganz allgemein - interkulturell (völkerverständigend", erfahrungserweiternd" etc.) zu arbeiten, auch in kulturell homogenen" ("deutschen") Klassen.
Das erste Ziel ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu erreichen. Das Ziel selbst kann allerdings kritisiert werden
(Folklorismus"-Vorwurf, der für deutsche wie ausländische Volks- und Kinderlieder gilt, Vorwurf, daß
die deutschen LehrerInnen und Kinder die Lieder im Grunde nicht verstehen"). Das zweite Ziel bleibt möglicherweise
bei einer Sonntagsrede". Kann evaluiert werden, wie, wann, ob es erreicht wird? Eine Kernfrage ist, ob man neben dem
gemeinsamen Singen und Spielen auch die Kultur" vermittelt, die solche Lieder darstellen? Liederbücher
enthalten oft Information über die Herkunft und Aufführungspraxis der Lieder. Sie sind z.T. mehrsprachig angelegt.
Die Lieder sind manchmal nach pädagogischen Themenkreisen geordnet. usf. Auch in allen Musik(schul)büchern
gibt es entsprechende Lied-Kapitel (Lieder aus aller Welt...). Besonders gut ausgearbeitete Liederbücher mit interkulturellem Programm:
Der Fuchs geht um auch anderswo; Rüzgargülü. windrose; Die Welt dreht sich. Ein Überblick über die Fülle brauch- und unbrauchbarer
"interkultureller Lieder" gibt der Aufsatz "Alles so schön bunt hier".
Im Zuge des "erweiterten Schnittstellenansatzes" sind Dutzende Lieder szenisch interpretiert, d.h. aus ihrem kulturellen Entstehungskontext heraus
im Unterricht behandelt worden. Bei den Materialien (Menü "Inhalte") wird man leicht fündig: Tarantella, Capoeira, Regenlieder, Lieder aus Lateinamerika, Jiddische Lieder,
arabische Lieder, Kinderlieder aus Herkunftsländern von Flüchtlingen, türkische Lieder usw.
Fragen zu den Liederbüchern:
- Welches interkulturelle Programm" und welcher Verwendungszusammenhang ist mit dem Buch intendiert?
- Welche methodischen Konzeptionen liegen dem Buch zugrunde?
- Wie erfolgversprechend ist die durch das Buch zu initiierende Praxis?
- Wodurch unterscheiden sich Liederbücher mit und ohne explizite interkulturelle Programmatik?
- Können die Liederbücher für einen zeitgemäßen interkulturellen Musikunterricht ergänzt, methodisch weiterentwickelt bzw. in einem solchen Unterricht erfolgreich eingesetzt werden, auch wenn dieser Einsatz über die ursprüngliche Konzeption hinausgeht?